

Was macht eigentlich Domenico Sbordone?
"Der Fußball konnte nicht an mir vorbeigehen"
Domenico Sbordone ist beim FC Bayern München groß geworden, wo er fast alle Jugendteams durchschritt. 1994 wechselte er zum FC Augsburg, unter Trainer Armin Veh gelang ihm gleich die Meisterschaft in der Bayernliga. Zehn Jahre später kehrte er zum FCA zurück, wo er letztendlich den Aufstieg in die 2. Bundesliga nur knapp verpasste.
Hallo Domenico, wo habe ich dich denn gerade erreicht?
Ich habe heute etwas früher mit dem Arbeiten angefangen und deswegen auch früher aufgehört. Ich habe eben zuhause etwas gegessen und freue mich jetzt auf ein interessantes Gespräch über Fußball.
Was machst du beruflich?
Ich arbeite bei der Post, das mache ich jetzt schon relativ lange und mein Job macht mir nach wie vor viel Spaß. Das schöne ist auch, dass ich mir meine Arbeit zeitlich einteilen kann.
Du bist ja ein echtes Münchner Kindl. Du bist dort aufgewachsen, hast aber italienische Wurzeln.
Das ist richtig, ich bin ein waschechter Münchner, ich bin dort geboren und hab meine ganze Kindheit und Jugend da verbracht. Meine Mutter kommt aus Berlin und mein Vater aus Neapel.
Bella Napoli! Dann bist du vermutlich auch ein Fan von der SSC und Maradona.
Naturalemente (lacht). Der Fußball konnte nicht an mir vorbeigehen und Maradona ist immer noch ein großes Thema für mich. Auch wenn sich an ihm die Geister scheiden, für mich ist er nach wie vor der größte Spieler überhaupt und wenn man heute nach Neapel kommt, dann ist er immer noch allgegenwärtig.
Hast du ihn jemals spielen sehen?
Ich hatte das große Glück, ihn zwei Mal live zu erleben, einmal in Neapel und einmal im Olympiastadion gegen den FC Bayern, wo er sich so spektakulär aufgewärmt hat. Das sind für mich unvergessene Momente.
Bei welchem Verein hast du das Kicken begonnen?
Angefangen habe ich beim SV Laim, aber den Verein gibt es heute gar nicht mehr. Ab der C-Jugend bin ich dann zum FC Bayern gewechselt, ich habe dort bis zur A-Jugend gespielt und anschließend noch ein Jahr bei den FCB-Amateuren.
Wie war das für dich als Jugendlicher, wenn man beim FC Bayern ist?
Früher war der Personenkult nicht ganz so groß wie heute, ich war oft Balljunge beim FCB im Olympiastadion und bin den ganzen Größen hautnah begegnet. Meine Mutter ist 1860-Fan, mein Vater ist ein Roter und er hat sich letztendlich durchgesetzt (lacht). Und wenn ich jetzt ganz ehrlich bin, war ich als Kind und Teenager auch ein Sechziger.
Nach deiner Zeit beim FC Bayern führte dich deine fußballerische Reise zum MTV Ingolstadt und zum TSV Eching.
Nach meiner Zeit bei Bayern gab es bei mir einen Cut, mit 19 hatte ich andere Interessen und habe einige Zeit bei einem Stadtteilverein mitgekickt. Aber irgendwann bin ich wieder ins Boot gestiegen und nach einer Saison in Eching kam dann eines Tages das Angebot von Armin Veh und ich bin nach Augsburg gewechselt.
Wie kam dieser Transfer denn zustande?
Ich hatte eine gute Saison bei Eching gespielt und anscheinend habe ich einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich hatte damals tatsächlich mehrere Angebote und mir ist da auch ein Missgeschick passiert. Ich hatte eigentlich schon beim TSV Vestenbergsgreuth unterschrieben, aber desto näher der Wechsel heranrückte, desto weniger wollte ich dorthin. Ich habe dann den Präsidenten Helmut Hack gebeten, meinen Vertrag wieder auszulösen. Er hat es sehr widerwillig gemacht und er meinte, dass ich mich nie wieder dort blicken lassen soll.
Hat ja super geklappt, denn du hast von 1996 bis 2001 für Greuther Fürth gespielt. Präsident war Helmut Hack.
(lacht) Genau so war es und es wurde mit fünf Jahren auch meine längste Station. Wir haben uns irgendwann mal ausgesprochen und dann war auch wieder alles okay. Jedenfalls bin ich 1994 nach Augsburg und bin dort gleich Bayernliga-Meister mit dem FCA geworden. Ich habe damals definitiv die richtige Entscheidung getroffen, wir hatten eine unglaublich gute Kameradschaft im Team. Mit Christian Radlmaier, Franz Becker, Michael Hecht und mir hatten wir eine Münchner Fraktion im Team, was für mich natürlich ein schöner Nebeneffekt war.
Wenn man deine ehemaligen Kollegen nach dir befragt, dann bestätigt jeder, dass du ein angenehmer Zeitgenosse bist. Aber auf dem Platz war Schluss mit lustig, du warst schon ein resoluter Verteidiger.
Ich bin auf einem Bolzplatz groß geworden und da musste ich mich früh schon gegen die größeren Jungs behaupten. Mir liegt das körperliche Spiel und ich war auf dem Platz sicher kein Kind von Traurigkeit, aber ich kann von mir sagen, dass ich immer ein fairer Spieler war.
1995 hat dann die Bundesliga gerufen. Du bist zu Eintracht Frankfurt gewechselt.
Das war schon ein großer Schritt und eigentlich ging es ganz gut für mich los. Am ersten Spieltag war ich in der Startaufstellung und hatte auch weitere Einsätze, aber wenn ich ehrlich bin, war ich wohl für dieses Haifischbecken mental nicht reif genug. Noch dazu war ich da zum ersten Mal weg aus München und meinem gewohnten Umfeld.
Dann der Wechsel nach Fürth, dort hattest du deine erfolgreichste Zeit. Du hast mit den Kleeblättern fünf Jahre in der 2. Bundesliga gespielt und kamst auf 128 Einsätze.
Nachdem die Sache mit Helmut Hack ausgeräumt war, ging es mit mir und dem Verein immer aufwärts. Ich hatte eine super Zeit dort und war auch vier Jahre Kapitän. Fürth hat zwar nicht den Sprung geschafft, wie etwa der FCA, aber man muss schon auch berücksichtigen, dass die Stadt wesentlich kleiner ist und man mit dem 1. FC Nürnberg einen übermächtigen Konkurrenten vor der Haustüre hat. Dafür schlägt sich der Verein in meinen Augen auch heute noch beachtlich.
2004 dann dein Comeback beim FCA. Wie kam das zustande?
Der Grund war wieder einmal Armin Veh, der zu dieser Zeit beim FCA Trainer wurde. Er war 1994 mein Coach in Augsburg, dann einige Jahre später auch in Reutlingen. Der SSV hatte damals große wirtschaftliche Probleme und da kam das Angebot aus Augsburg genau zum richtigen Zeitpunkt.
Das Saison-Finale 2004/2005 war leider ein ganz bitterer Moment.
Du meinst das Spiel gegen Jahn Regensburg. Ich war verletzt und musste es von der Tribüne aus verfolgen. Eigentlich war schon alles angerichtet, wir gingen 1:0 in Führung und was dann geschah, kann wahrscheinlich heute noch keiner verstehen. Es war bitter, aber wer weiß, wozu die Niederlage gut war. Der FCA hat im Jahr darauf die Meisterschaft souverän gewonnen und was dann folgte, kann man tatsächlich als ein Fußballmärchen bezeichnen.
Du hast noch zwei Jahre beim FC Ingolstadt angehängt und den Profifußball mit 38 Jahren beendet.
In Ingolstadt lief es noch einmal richtig gut, wir sind in die 2. Bundesliga aufgestiegen und mit 38 war es dann tatsächlich an der Zeit aufzuhören. Ich habe dann noch zum Spaß etwas tiefer im Amateurbereich gespielt und habe noch einige Jahre als Trainer angehängt.
Vor einigen Wochen warst du mit der 1994er-Meistermannschaft in der WWK ARENA zu Gast. Du bist mit deinen 55 Jahren immer noch rank und schlank.
Und dass, obwohl ich nicht viel Sport treibe (lacht). Ich achte zwar schon auf meine Ernährung, aber ich habe da wohl die Gene meiner Mutter geerbt, sie ist auch groß und schlank. Der Tag in der WWK ARENA zum Spiel gegen Bayer Leverkusen war wirklich großartig, es war toll, die alten Kollegen wieder einmal zu sehen und es war eine wunderbare Geste des Klubs.
Ein Wort zum FCA 2025?
Es ist unglaublich, was da in Augsburg entstanden ist. Diese Entwicklung hätten vor 20 Jahren nicht mal die kühnsten Optimisten vermutet. Mal kurz hochzukommen, das schaffen viele Klubs, aber das große Kunststück ist, sich zu halten. Und das macht der FC Augsburg seit vielen Jahren in einer vorbildlichen Art und Weise. (ws)
