Was macht eigentlich Dieter Eckstein?
"Die EM-Teilnahme 1988 war ein absolutes Highlight!"
Dieter Eckstein spielte von Januar 1997 bis Juni 1998 beim FC Augsburg und erzielte in 49 Spielen 29 Treffer. Seine Karriere begann beim 1. FC Nürnberg, wo er noch heute von den Fans regelrecht verehrt wird, später schnürte er seine Schuhe für Mannschaften wie Eintracht Frankfurt und Schalke 04. Die Krönung seiner Karriere erfolgte aber 1988 bei der Europameisterschaft in Deutschland. Er stand im 22er-Kader der Nationalmannschaft und kam sogar beim Eröffnungsspiel gegen Italien zum Einsatz. Im Stadionkurier zum Heimspiel gegen Stuttgart erzählte der 59-Jährige, was er heute so macht und wie er den Fußball weiterhin verfolgt.
Guten Morgen Eckes, es ist 8.00 Uhr, für ein Interview eine recht unchristliche Zeit? Wo habe ich dich denn gerade erreicht, am Frühstückstisch?
(Lacht) Das habe ich schon lange hinter mir, ich stehe jeden Morgen um 6.00 Uhr auf, trinke gemütlich meinen Kaffee und rauche ein Zigarettchen. Seit zwei Jahren arbeite ich für einen Sportartikelhersteller und bin dort für den Teamsportbereich zuständig.
Wohnst du in der Nürnberger Gegend?
Nein, wir sind vor sieben Jahren nach Waging am See gezogen, ich habe dort auch meine Fußballschule. Wir fühlen uns richtig wohl, die Gegend ist einfach unglaublich schön.
Du als Club-Legende mit 248 Spielen und 89 Toren – wie groß ist die Sorge um deinen 1. FC Nürnberg?
Riesengroß, ich habe in letzter Zeit deswegen mehrere Interviews geben müssen, unter anderem auch bei „Sport 1“. Der Verein ist ein Dauerpatient und als Club-Fan ist man auch Kummer gewöhnt, aber trotz dieser prekären Situation wird immer noch alles schöngeredet. Ach, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, das würde hier jetzt auch den Rahmen sprengen. Ein Abstieg in die 3. Liga wäre eine Katastrophe.
Du hast mit Stefan Reuter in Nürnberg zusammengespielt. Wie sind da deine Erinnerungen?
Ich kann mich noch gut erinnern, als er aus der U19 in den Profikader gewechselt ist. Er war sehr ehrgeizig und talentiert und es war früh abzusehen, dass sein Weg erfolgreich verlaufen würde. Vor ein paar Jahren hat er mich zum Spiel gegen meinen Ex-Klub Schalke 04 eingeladen, das war ein echt toller Tag und eine schöne Geste.
Auf deinem Konto stehen sieben A-Länderspiele, 1988 warst du sogar bei der EM in Deutschland dabei. War das ein Highlight?
Natürlich, ich war 24 und es ist für jeden Fußballer Traum und Ziel zugleich, bei einem so großen Turnier dabei zu sein, noch dazu im eigenen Land. Für mich ging dieser Traum definitiv in Erfüllung. Ich habe aber auch lange dafür gekämpft, gerade bei der U21, wo ich in sieben Länderspielen sechs Tore geschossen habe. Wenn man dann zu den 22 Fußballern in Deutschland gehört, die dem EM-Kader angehören, hat man wenig falsch gemacht.
Du bist am 1. Januar 1997 vom FC Winterthur zum FC Augsburg gewechselt. Wie kam denn dieser Wechsel damals überhaupt zustande?
Martin Andermatt, der damalige Trainer des FC Winterthur, hat gelesen, dass ich in Singen am Bodensee gewohnt habe und hat mich daraufhin verpflichtet. In acht Spielen habe ich zwölf Tore gemacht und zu dieser Zeit wurde Hubert Müller, mein ehemaliger Coach bei den Club-Amateuren, Trainer beim FCA und hat mir einen Wechsel nach Augsburg schmackhaft gemacht. Das ging alles ganz fix und zwei Tage später war ich schon an der Donauwörther Straße und habe meinen Vertrag unterschrieben.
"Ich habe meine Zeit in Augsburg in sehr guter Erinnerung"
Der FC Augsburg spielte damals in der drittklassigen Regionalliga. Deine Bilanz ist top, in 49 Spielen sind dir 29 Tore gelungen.
Ich war in dieser Saison Torschützenkönig mit meinen 34 Jahren, das war toll und damals haben auch noch einige gestaunt, dass der alte Eckes nochmal Vollgas gegeben hat (lacht). Leider wurde Hubert Müller trotzdem entlassen und ich habe zusammen mit Bobby Riedl die letzten fünf Spiele als Spielertrainer ausgeholfen. Nach einigen erfolgreichen Partien ging es am letzten Spieltag zum SSV Ulm, der bereits als Aufsteiger in die 2. Bundesliga feststand. Wir haben vor vollem Haus 5:1 gewonnen und vier Kisten gingen dabei auf mein Konto. So habe ich am letzten Spieltag Dragan Trkulja tatsächlich noch eingeholt und die Torjägerkanone gewonnen. Sobald wir nur in Strafraumnähe waren, haben mir meine Mitspieler den Ball zugespielt und ich durfte jeden Freistoß schießen. Wir hatten damals eben eine super Kameradschaft im Team und waren eine tolle Truppe. Ich habe meine Zeit in Augsburg deswegen also noch in sehr guter Erinnerung.
Einer deiner Teamkollegen beim FCA war damals Werner Rank, den ich erst vor einigen Wochen interviewt habe. Er hat regelrecht von dir geschwärmt: „Super Teamkollege, genialer Spieler“ hat er über dich gesagt. Das muss runtergehen wie Öl.
Ja natürlich hört man so etwas sehr gerne, denn ich war immer ein Teamplayer, allein erreicht man nämlich weder im Leben noch im Fußball etwas.
Bei aller Professionalität, ein Zigarettchen war aber immer drin …
(Lacht) Das hat bei mir einfach dazugehört, auch mal ein Bierchen unter der Woche. Das haben die meisten Trainer auch gewusst und toleriert, vor allem, weil ich auf dem Platz alles gegeben und auch immer meine Tore gemacht habe. Ich finde, so etwas fehlt heutzutage, Spieler mit Ecken und Kanten, ein paar Sauhunde und Lumpen halt. Die jungen Spieler von heute sind mir zu glattgebügelt, echte Typen sterben immer mehr aus. Wenn wir früher beim Club verloren haben, dann haben wir uns gar nicht in die Kabine getraut. Spieler wie Andi Köpcke haben uns rundgemacht und mit allem nach uns geschmissen, was sie gerade finden konnten. Heinz Höher hat uns zum Beispiel einmal nach einer 0:4-Niederlage in Bochum um 6.00 Uhr zum Training einbestellt, keine Ahnung, ob es heute so etwas überhaupt noch gibt. Das Problem sind natürlich auch die Presselandschaft und die sozialen Medien, man kann sich praktisch überhaupt nichts erlauben. Ein falsches Wort und schon geht es viral durch die ganze Republik und endet oft in einem fürchterlichen Shitstorm.
Gehst du überhaupt noch ins Stadion?
Eher selten, ich verfolge natürlich alles mit großem Interesse, aber der Weg nach Nürnberg ist doch etwas weit. Aber ich hätte schon große Lust, mal wieder in der WWK ARENA vorbeizuschauen.
Wie sehr verfolgst du das Geschehen rund um den FCA heute noch?
Ich habe immer noch große Sympathien mit allen meinen Ex-Klubs, auch wenn ich heute beim FCA kaum noch jemand kenne. Aber der Salva Belardo, der damals schon bei uns im Team war, ist ja immer noch aktiv bei euch. Dem kannst du gerne einen schönen Gruß von mir ausrichten.
Das mache ich. Wo landet der FCA am Ende der Saison?
Ich bin mir absolut sicher, dass der FCA die Klasse hält, dafür ist der Kader in meinen Augen stärker besetzt als bei den Teams, die aktuell dahinterstehen. Ich drücke jedenfalls sämtliche Daumen! (ws)