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Claus Schromm spricht mit drei FCA-U19-Spielern, die auf der Auswechselbank sitzen.

Schromm: "Die Jungs möglichst früh an Herrenfußball gewöhnen"

Interview mit dem Bereichsleiter U23 & U19

Nachwuchs 26.01.2024, 07:50

Als Bereichsleiter U23 und U19 ist Claus Schromm für die beiden ältesten Ausbildungsmannschaften des FCA verantwortlich. Im Interview erklärt er, worin die größten Unterschiede zwischen dem Juniorenbereich und dem Herrenbereich liegen. Außerdem gibt er Einblicke, was seine Aufgaben als Bereichsleiter sind und wie durch die neue Struktur alle Seiten profitieren. 

Claus, du als Cheftrainer Nachwuchs wirst seit Anfang Juli durch drei andere Bereichsleiter unterstützt und kannst dich selbst vermehrt auf die U23 und die U19 konzentrieren. Kannst du zu Beginn nochmal erläutern, was die Hintergründe für diese Neuverteilung waren?
Bislang waren die Verantwortlichkeiten auf deutlich weniger Schultern verteilt. Bei elf Mannschaften lässt sich erahnen, dass man da irgendwo und nirgendwo ist. Neben dem rein Sportlichen gibt es unglaublich viele weitere Themen, die zu bearbeiten sind. Durch die Bereichsleiter können wir nun die Trainer sowie den Staff entlasten und sind weitere Ansprechpartner für Spieler, Eltern und andere interne Abteilungen, zum Beispiel das Scouting. Zeitgleich können wir die Trainer besser begleiten und coachen.

Wie gestaltet sich die Beziehung zu Trainern und Spielern? Wie nah bist du dran, wo werden Grenzen gezogen?
Insgesamt kann ich mich mehr auf die Mannschaften fokussieren und statt im Büro mehr Zeit am Platz verbringen. Mit den Trainern gibt es einen offenen Austausch, ich höre mir ihre Ideen an und kann stellenweise meinen Input geben. Die Entscheidungshoheit liegt natürlich weiterhin bei den Mannschaftstrainern inklusive Staff. Mittlerweile gibt es auch Zeitfenster, um zum Beispiel eine Individualanalyse zu begleiten, die ein Co-Trainer macht, und ihm Feedback zu geben. Oder man schnappt sich nach dem Training mal kurz einen Spieler, während man in der Vergangenheit schon im nächsten Termin war. Bei Spielen und Trainingseinheiten genieße ich die Möglichkeit, mich für zehn Minuten mal nur auf einen der Jungs zu fokussieren. Dazu hat ein Mannschaftstrainer keine Zeit, weil er das große Ganze im Blick hat. Es ist aus meiner Sicht schon jetzt ein deutlicher Mehrwert zu spüren.

„Wir wollen noch klarere Schwerpunkte setzen und unseren roten Faden weiterentwickeln.“

An welchen Themen arbeitet ihr Bereichsleiter gemeinsam?
Wir wollen künftig noch klarere Schwerpunkte für jeden U-Bereich setzen und unseren roten Faden weiterentwickeln. Ein Vergleich dazu: Ein Mathelehrer in der siebten Klasse kann davon ausgehen, dass der Stoff in der sechsten Klasse ausreichend umgesetzt worden ist. So werden Themen nicht doppelt und dreifach oder gar nicht trainiert. Dazu wollen wir Königsübungen definieren, die in einem Bereich öfters zum Zug kommen als in einem anderen. Eine gewisse Variabilität bleibt natürlich gegeben, weil der Fußball immer in Bewegung bleibt und sich das Spiel verändert.

Widmen wir uns den zwei Teams aus deinem Bereich. Die U19 und U23 sind beide Ausbildungsmannschaften. Die U19 spielt aber noch in einer Junioren-Liga, die U23 in einer Herrenliga. Was sind die Unterschiede?
Das Spiel in der U19 ist von taktischer und technischer Finesse gekennzeichnet. Was die Intensität betrifft, ist und bleibt es einfach noch Junioren-Fußball. In der U23, bei uns in der Regionalliga, versucht man das Spiel mit Mitteln in seine Richtung zu lenken, die nicht rein mit taktischen, technischen oder athletischen Gesichtspunkten zu tun haben. Der psychologische Faktor sowie Spielphasen und Momente zu erkennen, spielen eine viel größere Rolle. Unter der Woche sind die größten Unterschiede die Trainingsfrequenz und -intensität sowie das Tempo. Ein U-Spieler, der in den Seniorenbereich kommt, muss sich erst mal daran gewöhnen, sieben Mal in der Woche auf dem Platz zu stehen. Dazu sieht er sich plötzlich Gegenspielern gegenüber, die zwei, drei oder auch über fünf Jahre älter sind als er selbst. Man stelle sich mal vor, ein Innenverteidiger aus dem FCA-Profiteam trifft auf einen unserer U19-Spieler. Da liegen im Zweikampf oder Eins-gegen-Eins Welten dazwischen. Für die Jungs gilt es zu lernen, wie man trotzdem bestehen kann oder eben festzustellen, dass zwei bis drei Jahre harte Arbeit vor einem liegen.

Kann man also schlussfolgern, dass das Hauptziel in der U23 ist, die Lücke zum Herrenfußball zu schließen?
Genau. Das Ziel ist, einen U23-Spieler, egal wie alt er ist, möglichst schnell und gut auf den Seniorenfußball und die Bedarfssituation, die im Profikader gefordert ist, vorzubereiten. Ein Musterbeispiel dafür ist aktuell Mert Kömür, der bei den Profis trainiert, in der U23 Spielpraxis bekommt und sogar noch in der U19 spielen dürfte. Allgemein wollen und müssen wir unseren Top-Talenten, wenn es die Schule zulässt, die frühe Integration in die U23 ermöglichen, wie es uns in der Vorsaison oder der Sommervorbereitung auch schon gut gelungen ist.

"Ab der U19 wird die Pyramide nach oben immer enger."

In einer U19 gibt es in einem NLZ erstmals einen Doppeljahrgang. Welche Bedeutung kommen Hierarchie, Rollenverteilung und Mannschaftsgefüge zu?
Erst einmal erhöht sich die Qualität des Kaders dadurch ganz automatisch, denn: Aus der U17 kommt jedes Jahr fast eine komplette Mannschaft heraus, also ungefähr 20 Spieler. Zusammen mit dem Altjahrgang käme man auf circa 40 Spieler, am Ende wird der Kader aber trotzdem auf rund 20 Feldspieler und zwei bis drei Torhüter reduziert. Die Pyramide wird nach oben immer enger. Und: Diese zwei Jahrgänge müssen erstmal verschmelzen, was immer ein spannender Prozess ist. Historisch gesehen musste sich der Jungjahrgang erstmal hintenanstellen. Das hat sich in den letzten fünf bis zehn Jahren aber geändert. Es wird sich der Spieler durchsetzen, der die größere Qualität hat.

Und wie ist das in der U23? Dort ist die Altersspanne ja noch viel größer.
Auch das ist eine Vorbereitung auf den Herrenfußball, dort ist diese Mischung ganz normal. Wenn wir uns das diesjährige Team anschauen, dann haben wir es geschafft, ein Führungstrio zu entwickeln bzw. es hat sich eines herauskristallisiert. In Lukas Aigner haben wir einen Lautsprecher, Kapitän Hendrik Hofgärtner geht sportlich voran, David Deger lenkt das Ganze etwas versteckter. Diese Achse tut der Mannschaft gut und zeigt den jungen Akteuren auch, was professionelles Arbeiten bedeutet. 

Stichwort Professionalität. Wie gelingt der Schritt aus der U23 und U19 in den Profifußball, sei es beim FCA oder anderswo? Was muss dafür passen, was muss der Spieler mitbringen, auch abseits vom reinen Talent auf dem Platz?
Vieles! Bereitschaft, Lernfähigkeit, Spielintelligenz. Ich sage gerne, dass ein Spieler wissen muss, was seine Waffen sind, die ihn auf seiner Position für ganz oben qualifizieren. Nicht vergessen darf man, dass alle anderen Aspekte aber mindestens auf einem guten Niveau sein müssen, um eine Karriere nicht zu verhindern. Dazu entwickeln wir gemeinsam Stärken- und Schwächenprofile und können mit den Individual- und Athletiktrainern oder auch im Schultraining gezielt an diesen arbeiten. Entscheidend ist auch der mentale Faktor, weshalb wir sehr froh sind, dass wir zwei Sportpsychologen haben, die die Jungs in diesem Bereich begleiten und coachen. Denn es wird immer mal Höhen und Tiefen geben. Darauf muss man die Spieler vorbereiten.


In der vergangenen Saison hat das FCA TV Claus Schromm an einem Arbeitstag begleitet. Hier geht's zum Video! 

Der Weg gen WWK ARENA beginnt sicherlich schon weit vor der U23 und U19. Welche Rolle spielt die langfristige Planung?
Mit Sportdirektor Marinko Jurendic und Heinz Moser als Leiter Entwicklung sind wir ständig im Austausch. Grundlegend gilt es die Talente gemeinsam zu kategorisieren und einen Schattenkader für die Profimannschaft zu entwickeln. Um die Jungs letztendlich dort hinzubringen, kann ein Weg sein, ein Top-Talent im nächsthöheren Jahrgang trainieren und/oder spielen zu lassen. Oder man setzt den Spieler bewusst in seinem Jahrgang ein, damit er Dinge wie Verantwortung lernt. Wenn wir die aktuelle Frequenz mit zwei Lizenzspielerverträgen innerhalb einer Saison beibehalten (Kömür, Lubik 2022/23, Anm. d. Red.), wäre das absolut top. Beachten sollte man meiner Meinung nach zudem, dass wir zwar in erster Linie für den FCA ausbilden, aber auch für ganz Fußball-Deutschland. Die Wechsel im Sommer haben das veranschaulicht und sprechen für die Qualität unserer Arbeit. 

Kommen wir zum Abschluss noch auf die aktuelle Saison zu sprechen. Die U23 ist quasi komplett rundumneuert, hat aber ein eingespieltes Trainerteam. Bei der U19 ist es umgekehrt, es gab keinen externen Neuzugang, dafür recht spontan einen neuen Cheftrainer. Wie schätzt du die beiden Teams ein?
In der U23 hatten wir ungewohnt viele Neuzugänge, was auch daran liegt, dass drei Jungs aus der U19 heraus gleich den Sprung zu den Profis geschafft haben. Eine U23 ist aber immer davon charakterisiert, dass es eine große Fluktuation gibt. Die Jungs sollen hier zwei Jahre die Chance bekommen, sich für den Profi-Fußball zu qualifizieren und dann im eigenen Haus oder anderswo den nächsten Schritt gehen. Die Arbeit mit Tobias Strobl, der sich jetzt ein Jahr einleben konnte und nicht mehr die Doppelbelastung mit der UEFA-Pro-Lizenz hat, macht richtig Spaß. Der bisherige Saisonverlauf lässt die Entwicklung der Mannschaft klar erkennen und positiv in die Zukunft blicken. Was die U19 angeht: Mit Victor Kleinhenz haben wir einen sehr guten kurzfristigen Ersatz für Alexander Frankenberger gefunden, der in dieser Saison sein Amt ja leider nicht begleiten kann. Gerade befindet sich das ganze Team noch in einer Findungsphase, was auch an der vorhin angesprochenen Verschmelzung liegt. Dass eine U19 durch ein Wellental geht, ist ganz normal. Mal spielt man richtig gut, gewinnt sein Spiel aber trotzdem nicht. Das gibt es immer wieder im Juniorenfußball.

Über Claus Schromm
Claus Schromm, Jahrgang 1969, war vor seiner Karriere abseits des Platzes beim FC Deisenhofen und beim BSC Sendling aktiv, musste seine Karriere aufgrund einer schweren Knieverletzung allerdings im Alter von 24 Jahren beenden. Seine ersten Stationen als Trainer waren die U19 der SpVgg Unterhaching sowie des TSV 1860 München und der SV Heimstetten, bevor er 2012 zur Spielvereinigung zurückkehrte. Dort hatte er neben der Cheftrainer-Position auch die des sportlichen Leiters inne. Seit August 2021 ist er Cheftrainer Nachwuchs beim FC Augsburg und seit Juli 2023 zudem Bereichsleiter U23 & U19.


Dieses Interview ist erstmals im Saisonmagazin des FCA-Nachwuchs 2023/24 erschienen. Hier gibt es das ganze Magazin, in dem auch die anderen drei Bereichsleiter ausführlich zu Wort kommen, zum Download

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