Als über 30.000 Augsburger nach München pilgerten
50 Jahre Meisterschaft in der Regionalliga Süd
Ehre, wem Ehre gebührt – mit einem Traditionsspieltag gegen den SV Werder Bremen (Samstag, 27. April, 15.30 Uhr) lässt der FC Augsburg die Erinnerung an die Regionalliga-Meister von 1974 noch einmal aufleben. Heute im Fokus: Als über 30.000 Augsburger nach München pilgerten.
Die Regionalliga-Saison 1973/74 – eine Spielzeit, die ganz Augsburg mit dem Fußball-Fieber ansteckte. Die zuvor fußballerische Kleinstadt schlug in der gesamten Republik Wellen und war nicht mehr nur auf der Landkarte ein Begriff. „Schuld“ an dieser Euphorie-Welle trug Ausnahmekicker Helmut Haller, der nach seinem elfjährigen Italien-Aufenthalt im Spätsommer seiner Karriere in seine Heimatstadt zurückkehrte. „Hemad“, der ein Jahr zuvor noch die italienische Meisterschaft mit Juventus Turin feierte, verzauberte in Folge regelrecht die Massen und sorgte letzten Endes dafür, dass nicht nur im heimischen Rosenaustadion, sondern auch auf den Gästeplätzen keine Sitzschale mehr frei blieb.
Die Euphorie war also groß, als sich der FC Augsburg im August 1973 für sein erstes Auswärtsspiel in der damals zweitklassigen Regionalliga Süd zum TSV 1860 München aufmachte. Nach geglücktem Saisonstart pilgerten über 30.000 Augsburger in die Landeshauptstadt, um den FCA im Derby gegen die Löwen anzufeuern. Die rot-grün-weißen Anhänger hatten ihre Liebe zum Fußball entdeckt, Autos stauten sich auf dem Weg nach München kilometerweise auf der Autobahn und Zugabteile platzten aus allen Nähten. „40 Kilometer hat es sich nach München rüber gestaut, die Polizei hat uns umgeleitet und zum Stadion gebracht, sonst wären wir gar nicht mehr rechtzeitig zum Spiel gekommen“, beschrieb FCA-Regisseur Haller den Ausnahmezustand.
Tausende warten vor Anpfiff vor den Toren
Ursprünglich planten die Münchner Verantwortlichen mit maximal 50.000 Besucher für das Derby im Olympiastadion. „Gott sei Dank hatte ich das gesamte Kontingent von 79.000 Karten dabei“, erzählt der damalige 1860-Manager Manfred Amerell später. Doch auch knapp 80.000 Karten wurden dem Ansturm an jenem Abend nicht gerecht, selbst nach Anpfiff tummelten sich noch Tausende Zuschauer vor den Kassenhäuschen, in der Hoffnung, selbst noch einen der begehrten Plätze innerhalb der Arena zu ergattern.
Trotz voller Unterstützung von den Rängen musste der FCA um Weltstar Haller bereits nach drei Minuten einen Rückstand verkraften. Vor den Augen des damaligen Bundestrainers Helmut Schön sorgte Löwen-Verteidiger Werner Luxi für die Blitz-Führung der Gastgeber, FCA-Schlussmann Hans Hauser war ohne Abwehrchance. Doch bereits in der 11. Minute schlug der Underdog aus Augsburg zurück: Nach einem Fehler von 1860-Torhüter Fahrija Dautbegovic, der aufgrund eines Blutergusses verletzt in die Partie ging und im Vorfeld fitgespritzt wurde, köpfte Klaus Vöhringer den Abpraller zum 1:1-Ausgleich unter die Latte.
Bis heute Zuschauerrekord in Liga zwei
Spätestens jetzt schien das Stadion aus allen Nähten zu platzen: Die Massen, die sich teilweise über das Dach des Kassenhäuschens unerlaubt Zutritt verschafft hatten, brachen nun durch die Absperrungen in den Innenraum. Nach Schätzungen von Augenzeugen stürmten zusätzlich rund 10.000 Besucher in die Sportstätte, sodass mehr als 90.000 auf den Rängen gewesen sein dürften, bis heute alleiniger Rekord. Nie besuchten mehr Zuschauer ein Zweitliga-Spiel.
Angesichts des riesigen Zuschaueraufkommens wurde die Begegnung selbst ein wenig zur Nebensache, nach 90 Minuten trotzte die Elf von Kapitän Alwin Fink den Münchnern, die als Topfavorit in die Saison gestartet waren, einen Punkt ab. „Ein wirklich tolles Spiel, das zeitweise Bundesliga-Format erreichte und das Publikum auf seine Kosten kommen ließ“, äußert sich Bundestrainer Schön im Nachgang des Spiels. Einziger Wehrmutstropfen: 136 Zuschauer hatten sich aufgrund der chaotischen Geschehnisse leichte Verletzungen zugezogen.
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