Was macht eigentlich Oliver Remmert?
“Ich war zwei Jahre Kapitän und habe diese Binde mit Stolz getragen”
Oliver Remmert wechselte 1998 vom TSV Aindling zum FCA. Er hat im Jahre 2000 den Crash des damaligen Hauptsponsors Infomatec, den anschließenden Lizenzentzug und den daraus resultierenden Abstieg in die Bayernliga miterlebt. Trotzdem ist er dem FCA treugeblieben und führte eine junge und wild zusammengewürfelte Mannschaft als Kapitän in die Saison 2000/2001. Bereits ein Jahr später, also genau vor zwanzig Jahren, konnte er bereits wieder den Aufstieg in die Regionalliga feiern. Im Interview mit dem Stadionkurier blickt Remmert auf die Zeit zurück.
Servus Oli, wo habe ich dich denn gerade erreicht?
In der Arbeit.
Was machst du denn beruflich?
Ich bin im Außendienst, ich verkaufe Kühl- und Tiefkühlzellen für die Gastronomie und bin im Jahr an die 70.000 Kilometer unterwegs.
70.000 Kilometer? Also knapp zwei Mal um die Welt?
Nein, ausschließlich im bayerischen Raum, außerhalb des Weißwurst-Äquators würde man mich gar nicht verstehen (lacht).
Dein WhatsApp-Profilbild ziert das Logo von Borussia Mönchengladbach.
Ich war schon als kleiner Junge Fan der Fohlen, meine Eltern konnten den FC Bayern München nicht leiden. Das hat auch bei mir abgefärbt und so kam die Borussia ins Spiel.
Nicht der FCA?
Ich hatte mich früh schon für Gladbach entschieden, der FCA kam erst später ins Rennen.
Du bist seit zwei Jahrzehnten in der Region als Trainer aktiv. Ohne Fußball geht es also gar nicht bei dir?
Das ist mittlerweile aber vorbei. Mein letzter Job war beim SV Holzheim/Dillingen bis zur letzten Saison. Nach zehn Spielen hatte der Verein in der Kreisliga Nord erst vier Punkte gesammelt und ich habe mich dazu überreden lassen, noch einmal einzusteigen. Mir hat es gefallen, dass das Team fast ausschließlich aus einheimischen Spieler bestand, die mit viel Herzblut am Werk waren. Wir konnten das Ruder auch herumreißen und haben tatsächlich noch den Klassenerhalt geschafft.
Das ist eine echte Leistung.
Da sieht man, was mit Identifikation möglich ist, aber ich habe auch ganz andere Dinge erlebt, wo die Ausgangslage eine andere war und viel Geld kaputt gemacht wurde. Nach über zwanzig Jahren an der Seitenlinie ist für mich jetzt der Zeitpunkt da, als Trainer aufzuhören. Ich habe einen sehr guten Job und bin zufrieden mit meinem Leben, der Zeitaufwand als Trainer ist einfach zu groß für mich geworden.
Spulen wir mal die Zeit zurück. Du bist im Juli 1998 vom TSV Aindling zum FCA gewechselt. Wie kam es zu diesem Transfer?
Das war etwas kurios, ich hatte im Sommer 1998 einen Termin bei den damaligen Verantwortlichen Giacomo Belardo und Helmut Haller wegen einer möglichen Verpflichtung, der wurde aber 30 Minuten zuvor kurzfristig abgesagt, daraufhin habe ich dem TSV Aindling zugesagt. Kurze Zeit später hat der damalige Trainer Gerd Schwickert zusätzlich das Amt des sportlichen Leiters übernommen und mich überredet, doch noch zum FC Augsburg zu wechseln. Da war für mich eine schwere Entscheidung, weil ich bei Aindling im Wort stand. Aber es war halt auch das erste Mal in meinem Leben, dass ich die Chance bekam, mein Hobby zum Beruf zu machen.
Wie hast du diese zwei Regionalliga-Jahre in Erinnerung?
Es war eine tolle Zeit, wir hatten mit Schwickert und später auch mit Hans-Jürgen Boysen zwei gute Trainer. Sportlich lief es ganz gut und für mich war es eine tolle Erfahrung, mich nur noch auf Fußball konzentrieren zu können.
War da schon zu spüren, dass wirtschaftlich bald die Lichter ausgehen würden?
Irgendwann kam der damalige Manager Fritz Bäuml in die Kabine und meinte, dass wir besser mal in die Annastraße zum Singen oder Geld sammeln gehen sollten. Spätestens da wussten wir, dass etwas gehörig schiefgelaufen ist. Am Ende der Saison 1999/2000 war es dann leider tatsächlich so weit, der Verein war pleite.
Trotz Infomatec-Crash und Lizenzentzug bist du den Weg in die Bayernliga mitgegangen. Warum?
Ich hatte ein Angebot vom SSV Reutlingen, wo Armin Veh damals Trainer war. Aber wir haben damals gerade das Haus meiner Schwiegereltern umgebaut, in das wir auch kurz danach eingezogen sind. Im August 2000 kam dann noch meine Tochter auf die Welt, auch deswegen wollte ich natürlich nicht weg. Fritz Bäuml wollte mich unbedingt in Augsburg halten, ich sollte als Leitwolf die jungen Spieler führen. Auch der Name Walther Seinsch tauchte damals als Hoffnungsschimmer erstmals in den Medien auf und so bin ich geblieben.
Beim ersten Training in der Bayernliga im Sommer 2000 waren neun Spieler auf dem Platz. Du warst einer davon.
Ich habe sogar die ersten Trainingseinheiten zusammen mit dem damaligen Torwarttrainer Franz Vida geleitet, nachdem Walter Modick vom VfR Aalen erst zu- und dann kurzfristig wieder abgesagt hatte. Kurz darauf folgte aber schon Gino Lettieri als neuer Trainer.
Die Saison lief besser als erwartet, viele hatten euch als Absteiger eingeschätzt. Am Ende der Saison sprang immerhin Platz acht heraus.
Ja, das war schon ein Verdienst von Lettieri, der mit seinen Kontakten noch die richtigen Spieler wie beispielsweise Martin Shejbal oder Alex Contala verpflichten konnte.
"Die Saison war voll auf Aufstieg programmiert"
Im Jahr darauf lief es wie am Schnürchen, der FCA wurde mit großem Vorsprung Meister der Bayernliga und stieg souverän in die Regionalliga Süd, die damalige dritte Liga, auf.
Diese Saison mit Walther Seinsch als neuem Präsidenten war voll auf Aufstieg programmiert. Und so kam es dann ja auch, wir sind mit großem Vorsprung Meister gewonnen und haben den Schwäbischen Pokal geholt. Es war eine perfekte Saison.
Der erste Spieltag ging aber noch voll in die Hose, wir haben bei deinem Ex-Verein Aindling mit 1:2 verloren. Diese Niederlage hat weh getan und wir Fans mussten uns nach diesem Spiel so einiges anhören. Du sicher auch …
Da kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, 3.800 Zuschauer, volles Haus am Schüsselhauser Kreuz. Oh ja, ich musste auch einiges über mich ergehen lassen, vor allem, weil mein Schwager Kalle Suttner, der ja in der Saison zuvor noch beim FCA gespielt hat, ein Tor für Aindling erzielen konnte.
Nach dem Aufstieg in die Regionalliga war bei dir mit 31 Jahren Schluss beim FCA. Warum?
Der FCA hat mir damals einen leistungsbezogenen Ein-Jahres-Vertrag offeriert, ich wollte aber zwei Jahre Laufzeit. Da bekam ich ein Angebot vom Landesligisten SC Bubesheim als Spielertrainer. Beim letzten gemeinsamen Mannschaftsabend kam Walther Seinsch noch einmal auf mich zu und bot mir zu meiner Überraschung doch noch einen Zwei-Jahres-Kontrakt an. Aber da war ich mir schon mit Bubesheim einig. Ich hatte eine tolle und erfolgreiche Zeit beim FCA, war zwei Jahre Kapitän und habe mit Stolz diese Binde getragen.
Hast du heute noch mit dem einen oder anderen früheren Mannschaftskollegen Kontakt?
Mit Christian Krieglmeier habe ich vor ein paar Tagen telefoniert und auch mit Marlene und Salvatore Belardi habe ich noch gelegentlich Kontakt.
Wie intensiv verfolgst du heute den FCA?
Mit großem Interesse. Ich gehe auch immer wieder mal ins Stadion, so wie heute zum Spiel gegen den 1. FSV Mainz 05. Und ich bin auch gerne in der Rosenau bei der U23, meine Tochter ist mit Co-Trainer Felix Kling liiert. (ws)
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