Was macht eigentlich Mark Römer?
"Augsburg bietet eine tolle Lebensqualität"
Mark Römer wechselte 2004 vom damaligen Zweitligisten SpVgg Unterhaching zum FC Augsburg, mit dem er zwei Jahre später den langersehnten Aufstieg in die 2. Bundesliga schaffte. Römer erzielte in dieser Zeit in 55 Spielen 27 Treffer und hatte nach 23 Jahren einen großen Anteil an der Augsburger Rückkehr in den Profifußball. Im Stadionkurier zum BVB-Spiel erzählt Römer von seiner Zeit beim FCA und warum er Augsburg treu geblieben ist.
Hallo Mark, wo habe ich dich denn gerade erreicht?
Ich sitze am Schreibtisch, denn ich mache gerade die Lizenz zum Kinder- und Jugendtrainer beim Bayerischen Fußball-Verband. Das wird inzwischen dezentral angeboten, das heißt man muss nicht mehr am Stützpunkt in der Sportschule Oberhaching vor Ort sein und das erspart doch einiges an Fahrerei. Ich trainiere schon seit sechs Jahren Jugendteams beim TSV Leitershofen und das macht mir sehr viel Spaß.
Als wir uns vor zwei Wochen begegnet sind, habe ich gestaunt. Du siehst noch genau so aus wie früher und hast kein Gramm Fett an deinem Körper. Das kann nicht jeder Ex-Profi von sich behaupten, bist du eigentlich immer noch als Fitnesstrainer tätig?
Ja seit mittlerweile fast 14 Jahren und in diesem Job macht sich eine Wampe nun mal nicht so gut bei den Kunden (lacht). Seit einiger Zeit bin ich in einem Team auch im Bereich Talentförderung tätig, um unter anderem Athletik und mentale Stärke einzelner Spieler zu fördern. Ich habe in den vergangenen Jahren ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern aufgebaut, die ich als Schnittstelle zusammenbringe. Mit Michael Gregoritsch und Marco Richter haben wir bereits gute Referenzen vorzuweisen, an denen man die positive persönliche Entwicklung erkennen kann.
Spulen wir die Zeit zurück ins Jahr 2004. Du bist damals vom Zweitligisten Unterhaching in die dritte Liga nach Augsburg gewechselt und hattest zwei sportlich erfolgreiche Jahre. Was hat dich damals dazu bewogen, an den Lech zu kommen?
Das lag in erster Linie am damaligen Trainer Armin Veh, der mir einen Wechsel nach Augsburg schmackhaft gemacht hatte, indem er mir eine Stammplatzgarantie zugesichert hat. Er meinte, dass er so etwas normalerweise nie macht, aber bei mir würde er mal über seinen Schatten springen.
In der ersten Saison hast du gleich richtig zugeschlagen, 17 Tore in 31 Spielen sprechen da eine deutliche Sprache.
Ja, das kann man so sagen. Wenn ich mich irgendwo wohlgefühlt habe und der Trainer mir sein Vertrauen geschenkt hat, dann habe ich auch immer meine Tore gemacht.
Die Saison begann damals alles andere als optimal, denn bereits nach dem 9. Spieltag wurde Armin Veh durch Rainer Hörgl ersetzt.
Da steht man dann auch erst mal da. Im ersten Spiel nach dem Trainerwechsel saß ich auf einmal auf der Bank und musste dem neuen Trainer beweisen, dass ich zum Stammpersonal gehöre. Aber das ist mir dann ja auch gelungen.
Leider endete eine fast perfekte Saison mit einem bitteren Finale. Der FCA verlor am letzten Spieltag in der Rosenau gegen Jahn Regensburg 1:2 und verpasste damit den Aufstieg in die 2. Bundesliga.
Das war ein ganz bitterer Tag für uns alle. Mein Name wird immer wieder mit diesem Spiel in Verbindung gebracht und es passiert mir auch heute noch oft, dass ich auf dieses Match angesprochen werde, wenn ich jemanden kennenlerne.
Du bist damals in der 81. Minute mit einer gelb-roten Karte von Platz geflogen. Hast du die Situation noch im Kopf?
Ich war für ein dummes Ballwegschlagen schon mit Gelb vorbelastet. Der Regensburger Spieler Grover Gibson, früher selbst beim FCA, hat mich gefoult, ich lag auf dem Rasen und er hat sich anschließend zu mir runtergebeugt und mir voll ins Ohr geschrien. Ich bin daraufhin aufgestanden und habe ihn weggeschubst. Eigentlich war das eine harmlose Aktion, aber er hat sich so theatralisch fallen lassen, dass der Schiedsrichter darauf reingefallen ist und mich mit der Gelb-Roten Karte aus dem Spiel gekickt hat. Zuvor war ja schon ein Spieler des Jahn vom Platz geflogen. Das war ein trauriges Ende vor über 28.000 Zuschauern. Ich habe übrigens als Spieler nie wieder so eine Stimmung erlebt.
Gab es Momente, in denen du nachts schweißgebadet aufgewacht bist?
Jetzt nicht mehr (lacht). Aber die gab es tatsächlich. Nach diesem Spiel war die ganze Stadt für eine Woche im Schockzustand. Das war nicht wirklich schön.
"Ich habe mich total wohlgefühlt beim FCA"
Trainer von Jahn Regensburg war damals Mario Basler, für den es im letzten Spiel um nichts mehr ging. Aber die Oberpfälzer waren bis in die Haarspitzen motiviert. War es ein Fehler, dass schon vor dem Spiel alles für eine große Aufstiegsparty angerichtet war?
Das hatte einen anderen Grund. Zwei Wochen zuvor war Basler im Rosenaustadion und man hat ihn nach dem Spiel nicht in den VIP-Bereich hineingelassen. Das hat ihn wohl so geärgert, dass er seine Mannschaft total heiß auf dieses Spiel gemacht hat.
Im Jahr darauf klappte der Aufstieg dafür aber dann umso souveräner.
Obwohl der Start holprig war, denn in den ersten vier Spielen setzte es gegen die U23 vom VfB Stuttgart und zu Hause gegen Eintracht Trier gleich zwei Niederlagen. Aber danach sind wir durchmarschiert und hatten am Ende auf den Tabellendritten SV Wehen Wiesbaden unglaubliche 19 Punkte Vorsprung.
Dein Vertrag wurde damals nicht verlängert, obwohl du gerne geblieben wärst.
Ja leider, ich habe mich im Laufe der Saison verletzt und das war wohl auch der Grund, warum mein Vertrag dann nicht verlängert wurde. Ich habe mich total wohlgefühlt beim FCA und wäre gerne geblieben. So bin ich zum FC Ingolstadt gewechselt und habe meine Karriere dann später beim TSV Gersthofen ausklingen lassen. Wir sind zum Abschluss noch in die Bayernliga aufgestiegen, aber ich musste kürzertreten, weil ich mich damals schon selbständig gemacht hatte und beides zeitlich kaum noch zu vereinbaren war.
Du hast also beruflich deine Weichen schon früh gestellt?
Schon während meiner Augsburger Zeit habe ich mein Studium als Sportfachwirt abgeschlossen und bin dann in Richtung Personal-Fitnesstraining gegangen, was eine sehr gute Entscheidung gewesen ist. Auch wenn Corona, wie in vielen anderen Branchen auch, gewisse Spuren hinterlassen hat.
Du bist wie viele andere FCA-Spieler in Augsburg hängengeblieben. Was macht denn unsere Stadt so unwiderstehlich?
Ich mag die Mentalität, der Augsburger wirkt anfangs vielleicht etwas spröde, aber wenn er dich mal ins Herz geschlossen hat, ist er eine treue Seele. Die Stadt ist nicht zu groß und nicht zu klein, sie bietet eine tolle Lebensqualität, dazu kommt die Nähe zu den Alpen und Italien ist auch gleich um die Ecke.
Du spielst auch in der FCA-Traditionsmannschaft?
Ja, das macht total Spaß. Wir trainieren regelmäßig, haben für meinen Geschmack aber noch zu wenig Spiele. Ich hoffe, dass sich das ändert, denn am meisten Spaß macht es nach wie vor, wenn man sich sportlich in einem Wettkampf misst. Aber unser Niveau kann sich absolut sehen lassen, letztes Jahr haben wir u.a. bei einem Turnier in Kissing teilgenommen und haben souverän gewonnen, obwohl unsere Gegner im Schnitt zwei Jahrzehnte jünger waren als wir (lacht).
Hast du noch Kontakt zu weiteren ehemaligen Kollegen?
Bei der Traditionsmannschaft spielen Zdenko Miletic und Vladimir Manislavic und mit dem einen oder anderen Spieler von damals bin ich heute noch befreundet.
In der Bundesliga sind noch zwei Spieltage zu absolvieren. Wo landet deiner Meinung nach der FCA am Ende der Saison?
Da brennt jetzt nichts mehr an, absteigen wird man nach dem Spiel gegen Union Berlin nicht mehr und dann geht es in die 13. Bundesliga-Saison. Das ist eine Tatsache, die damals niemand für möglich gehalten hätte! (ws)