FC Augsburg Logo FC Augsburg
radoki-20-21.jpg

Was macht eigentlich János Radoki?

"Das 93/94er-Team war eines der besten, die ich je erlebt habe"

Verein 09.02.2021, 11:13

János Radoki war beim FC Augsburg erst Spieler und und später U17-Trainer. Im Stadionkurier spricht der 48-Jährige über seine Zeit beim FCA, den sensationellen Bundesliga-Aufstieg mit dem SSV Ulm und seine heutige Arbeit als Trainer beim TSV Schwaben Augsburg.

Hallo János, wo habe ich dich gerade erreicht?
Im Büro, ich arbeite als Vermögensberater. Nach meiner Fußballgeschichte bin ich in das Unternehmen meines besten Freundes eingestiegen.

Du bist seit letztem Sommer auch Trainer beim Bayernligisten TSV Schwaben Augsburg. Da seid ihr allerdings gerade im wahrsten Sinne des Wortes auf Eis gelegt. Das muss gerade für dich als verantwortlichen Coach eine richtig schwierige Situation sein.
Schwierig ist etwas anderes im Leben. Ich habe zwar aktuell als Trainer nicht viel zu tun, in erster Linie muss ich die Spieler bei der Stange halten, den Zusammenhalt fördern und sie mit Online-Trainingsplänen versorgen. Durch den Lockdown ist an Fußball in der Amateurliga nicht zu denken, damit müssen wir klarkommen und da hilft auch kein Jammern. Wir haben auch keinen Kunstrasenplatz, da hätten wir bei dieser Wetterlage sowieso nur eingeschränkt trainieren können.

Gibt es Infos, wann und wie es weitergeht?
Nein. Ich habe im August 2020 bei den Schwaben begonnen und bis heute hatten wir gerade mal drei Punktspiele. Durch die zweite Corona-Welle ist alles zum Stillstand gekommen. Ich denke, wir sind alle froh, wenn die letzten acht Punktspiele überhaupt noch über die Bühne gehen können.

"Ich war damals ziemlich schmächtig und klein, aber Heiner Schuhmann hat an mich geglaubt."

Spulen wir mal ganz zurück in deiner Laufbahn. Du hast schon als Jugendlicher beim FCA gespielt.
Genau, ich bin Ende der 80er zur B-Jugend des FCA gewechselt und habe dort bis zur U18 unter Heiner Schuhmann gespielt. Das waren alles noch ganz andere Voraussetzungen, da gab es keine Kaderplanungen, wie sie heute in den Nachwuchsleistungszentren üblich sind. Bei den A-Junioren waren wir beim ersten Training 40 Spieler. Davon wurden nach einigen Tagen 20 ausgewählt und die sind daraufhin zu einer Freundschaftsspielreise nach Moskau und Kiew in die damalige Sowjetunion geflogen. Nach dem Trip wurden nochmal fünf Spieler aussortiert.

Du aber glücklicherweise nicht, du warst weiterhin dabei.
Zum Glück, obwohl ich in der U17 gar nicht so viel Spielzeiten hatte. Ich war damals noch ziemlich schmächtig und klein, aber Heiner Schuhmann hat an mich geglaubt. Nach meiner Juniorenzeit war aber trotzdem erst einmal Schluss beim FCA, die damaligen Verantwortlichen Armin Veh und Fritz Bäuml haben mir den Sprung in den Profikader nicht zugetraut. Ich bin zu den Schwaben gewechselt, was sich für mich als echter Glücksgriff herausgestellt hat.

Der berühmte “Ein-Schritt-zurück-zwei-Schritte-vor-Effekt“?
Ganz genau! Trainer war damals Manfred Tripbacher, der kurz davor seine Profilaufbahn beendet hatte. Der Kader der Schwaben war damals mit acht oder neun Spielern bestückt, die schon in der ersten und zweiten Liga gespielt haben. Das war für mich als Küken super, mit solch erfahrenen Hasen im Team zu stehen. Wir sind souverän in die Bayernliga aufgestiegen und es war für mich ein überragendes Jahr. In der Bayernliga kam es auch zu zwei heißen Derbys gegen den FCA und 1992, eine Saison später, hat mich Armin Veh dann wieder zurück zum FCA gelotst.

Es folgten drei sehr erfolgreiche Jahre.
Absolut, in meiner ersten FCA-Saison kam es im Rosenaustadion zum Spitzenspiel gegen 1860 München. Erster gegen Zweiter vor knapp 30.000 Zuschauern, das Spiel endete 2:2. Das war schon ein echtes Highlight.

1993 stand dann der Pokalknaller gegen Bayer Leverkusen mit dem blonden Engel ins Haus.
Bernd Schuster! Bei diesem Aufeinandertreffen drehte sich alles um die Heimkehr des verlorenen Sohnes. Wir haben im Elfmeterschießen 3:4 verloren, nach 120 Minuten hieß es aber noch 0:0 und wir waren das klar bessere Team. Ich habe gegen Andreas Thom gespielt, Domenico Sbordone gegen Ulf Kirsten und Michael Hecht hatte es mit Paulo Sergio zu tun. Wir hatten die Werkself mit unserer Manndeckung gut im Griff und konnten einfach unsere vielen Chancen nicht verwerten. Aber das schönste Jahr folgte noch.

„Wir sind oft nach dem Training und nach den Spielen im 'Charly Bräu' gesessen, selbst Trainer Armin Veh hat immer wieder vorbeigeschaut.“

Du meinst, die Saison 1994/1995 mit der Aufstiegsrunde in die 2. Bundesliga?
Ja, das war mit die beste Truppe, die ich als Fußballer erlebt habe, auch wenn wir letztendlich an Eintracht Braunschweig und Fortuna Düsseldorf gescheitert sind. Zuvor wurden wir hochüberlegen Meister der Bayernliga, obwohl wir schlecht gestartet sind. Aber von Dezember 1993 bis Juni 1994 sind wir durchmarschiert und haben nur zwei Minuspunkte zugelassen.

Ich denke noch gerne an die Zeit mit Spielern wie Radlmaier, Zimmermann, Becker, Dörr oder Haller.
Der Zusammenhalt innerhalb dieser Mannschaft war unglaublich, wir sind oft nach dem Training und nach den Spielen im „Charly Bräu“ gesessen, selbst Trainer Armin Veh hat immer wieder vorbeigeschaut. So etwas ist heute ja gar nicht mehr denkbar.

Danach ging es für dich auf Reisen: Vestenbergsreuth, Fürth, Oberrhausen und dazwischen zwei Jahre beim SSV Ulm, wo euch sensationell der Aufstieg in die Bundesliga gelungen ist.
Die Bundesliga war natürlich ein echter Traum. Beim Auswärtsspiel am 8. April 2000 beim FC Bayern waren 32.000 Ulmer Fans im Münchner Olympiastadion. Auch wenn es 0:4 ausging, es war ein Erlebnis, sich mit Kalibern wie Kahn, Scholl, Lizarazu, Effenberg oder Salihamidzic messen zu dürfen.

Nach zwei Jahren in Oberhausen hat dich Armin Veh 2004 nochmal zum FCA gelotst.
Ich hatte 2002/2003 zwei schwere Verletzungen und es war lediglich ein Arbeitsversuch, ob es gesundheitlich noch geht. Aber ich konnte keine Woche am Stück konstant trainieren, ohne Schmerzen im Knie zu haben

Dein zukünftiger Weg schien klar: Trainer!
Nein, ganz und gar nicht, denn ich wollte erst einmal Abstand vom Fußball und habe eine Ausbildung zum Physiotherapeut absolviert. Um mich fit zu halten, habe ich bei der DJK Lechhausen etwas mittrainiert und auch ein paar Spiele mitgekickt. Dann hat man mich überredet, als Spielertrainer auszuhelfen. Ich habe eingewilligt, aber nur für ein halbes Jahr.

Und schon ist man wieder drin.
So war es. Anschließend bin ich zum Landesligisten TSV Rain gegangen. Dort ist uns das Kunststück gelungen, nach 15 Jahren wieder in die Bayernliga aufzusteigen. 2008 kam dann ein Anruf von Andreas Rettig. Er hat mir das Angebot unterbreitet, die U17 des FC Augsburg zu trainieren. Ich war ziemlich in der Zwickmühle. Einerseits hatte ich einen gültigen Vertrag in Rain, andererseits kann man so eine Chance nicht ausschlagen. Die Konsequenz daraus war, dass ich sechs Wochen lang beide Teams trainiert habe, bis der TSV einen geeigneten Nachfolger für mich gefunden hatte. Beim FCA bin ich drei Jahre geblieben, wir sind unter anderem mit der U17 in die Bundesliga aufgestiegen.

"Ich bin jemand, der viel von seinen Spielern fordert. Aber im Nachhinein habe ich oft gehört, dass sie viel von mir gelernt haben."

Danach warst du Co-Trainer beim FC Heidenheim, A-Junioren-Coach bei Greuther Fürth und 2016 dort sogar Cheftrainer in der 2. Bundesliga. Du bist also immer zwischen Junioren und Senioren geschwankt. Was macht mehr Spaß?
Die Arbeit im Juniorenbereich. Dieser Ausbildungsgedanke und dieses nachhaltige Arbeiten sind sehr erfüllend. Man kann da ganz anders agieren als bei den Senioren, da geht es immer nur um Punkte und Resultate. Mir hat es viel Spaß gemacht, den Spielern vielleicht nicht immer. (lacht)

Das habe ich auch gehört. Du bist schon das, was man als “harten Hund” bezeichnet.
Ja das ist so, ich bin jemand, der viel von seinen Spielern fordert. Aber im Nachhinein habe ich oft von meinen ehemaligen Schützlingen gehört, dass sie mich zwar hart fanden, aber auch viel von mir gelernt haben und dass ich sie weitergebracht habe.

2019 ging es ins Ausland. Du bist in dein Heimatland nach Ungarn gewechselt und zwar zur Puskas Akademia FC, die seit einigen Jahren in der ersten Liga mitmischt. Das Team stammt aus Felcsut, dem Heimatort des umstrittenen Staatspräsidenten Viktor Orban.
Der Klub gehört Orban sogar, mit ihm habe ich auch die Verhandlungen geführt. Unter Orban fungiert ein Oligarch als Vereinspräsident. Das ist eben so in Ungarn, dort sind viele Klubs in den Händen von Oligarchen. Da hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan, es wurden topmoderne NLZ mit Schulen auf demselben Gelände gebaut. Es fehlt noch an Trainern, welche die Ausbildung mehr vorantreiben. Auch an der ungarischen Mentalität, man quält sich dort einfach nicht so gerne. Aber es tut sich viel, wie man auch am Beispiel von Dominik Szoboszlai sieht, der jetzt nach Leipzig gewechselt ist.

Nach deinem Gastspiel in Ungarn wolltest du eigentlich nie mehr auf einer Trainerbank Platz nehmen.
Jedenfalls nicht mehr im Profibereich. Das mit Schwaben Augsburg ist mehr so eine Herzensangelegenheit. Mein Freund Roland Bahl wurde dort Co-Trainer und hat mich gefragt, ob ich mit an Bord gehen würde. Dort habe ich viele alte Weggefährten getroffen und erst einmal für ein Jahr zugesagt. Mal sehen, was sich daraus noch entwickelt.

Unsere FCA-APP

Jetzt herunterladen!

Tags:
Stadionkurier