Was macht eigentlich Heinz Köppendörfer?
„Zehn Jahre Bundesliga hätte ich niemals für möglich gehalten“
Beim BC Augsburg spielte Heinz Köppendörfer einst in einer Mannschaft mit Helmut Haller und Uli Biesinger. Im Stadionkurier spricht der 84-Jährige über die gemeinsame Zeit mit den beiden Ausnahmespielern, die Duelle gegen den TSV Schwaben und seine zweite Karriere als Sportjournalist.
Herr Köppendörfer, wie oft werden Sie als jahrelanger Fernseh-Moderator noch auf der Straße erkannt?
In Augsburg immer noch sehr oft, obwohl ich immer eine Mütze trage. (lacht) Aber ich bin erstaunt, dass mich auch jüngere Menschen immer wieder ansprechen und erzählen, dass sie mich früher bei „Blickpunkt Sport“ gesehen haben. Aber ich werde auch in der Alpenregion oft erkannt, weil ich sehr viel Skisport kommentiert habe.
Sie waren zehn Jahre alt, als Sie den BCA zum ersten Mal im Stadion erlebten. Das war 1946 und es ging um den Verbleib in der damaligen Oberliga, Gegner war der SSV Ulm mit Toni Turek im Tor. Damals passten 15.000 Zuschauer ins Stadion, 30.000 kamen. War das Ihre Initialzündung für den BCA?
Es war mehr eine Initialzündung für den Fußball. Aber meine erste Berührung war ein oder zwei Jahre davor auf dem alten Platz des Post SV neben dem Plärrer. Da fand eine Partie statt und ich weiß leider nicht mehr, ob da der BCA oder Schwaben gegen Karlsruhe gespielt hat. Die Leute sind regelrecht hingeströmt, es war kurz nach dem Krieg ein großes Erlebnis für uns Augsburger.
Ihr erster Verein war der TSV Schwaben. Sie haben also in der Innenstadt gewohnt?
Genau so war es und mit zwölf Jahren bin ich Schwabenritter geworden.
Dort waren Sie Torwart. Es heißt, Torhüter und Linksaußen haben einen an der Klatsche...
Ja, ich habe tatsächlich einen an der Klatsche. (lacht) Ich war auch Feldspieler, das mit dem Torwart hat sich irgendwie so ergeben. Wahrscheinlich war ich zwischen den Pfosten etwas talentierter.
1958 sind Sie zum BCA gegangen. War das nicht ein Akt des Hochverrats?
Es war natürlich nicht gerne gesehen und es war schon eher so, dass man sich damit keine Freunde gemacht hat. Die Rivalität zwischen den Klubs war enorm.
[su_quote]Die Derbys zwischen BCA und Schwaben haben die ganze Stadt elektrisiert.[/su_quote]
Wie genau kam der Wechsel zustande?
Ich kannte viele BCA-Spieler aus verschiedenen Auswahlmannschaften, dort habe ich unter anderem Uli Biesinger, Helmut Haller und die Hochstätter-Brüder Karl und Melchior kennengelernt. Man traf sich damals schon immer gerne mal im Familienbad am Plärrer und so entstand langsam eine Freundschaft untereinander. Der BCA war ein sehr familiärer Klub, bei dem es immer kameradschaftlich zuging, das fand ich toll. Schwaben war gerade abgestiegen und ich habe ein Angebot von der anderen Seite der Wertach bekommen. Ich habe angenommen und es war wirklich sensationell, wie gut ich dort aufgenommen wurde.
War das damals tatsächlich so, dass die Wertach die Stadt fußballerisch geteilt hat?
Ja, das kann man schon so sagen, die Sympathien waren ungefähr gleich verteilt. Die Schwaben haben sich immer eingebildet, ein Stehkragen-Klub zu sein, weil sie aus der Stadtmitte waren, der BCA war in Oberhausen daheim. Damals haben beide Klubs in der höchsten Spielklasse, der Oberliga, gespielt und die Derbys haben die ganze Stadt elektrisiert. Die Stadien waren meist ausverkauft.
Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, es waren Fußballfeste vor 30.000 und mehr Zuschauern.
Das war immer etwas Besonderes. Ich kann mich an ein Derby Anfang der Fünfziger in der Rosenau erinnern, der BCA hat 3:0 geführt. Als BCA-Rechtsaußen Ludwig „Lude“ Schlump den Ball an der Mittellinie annahm und zum Alleingang ansetzte, rannte mein Vorgänger Franz Süßmann wie von der Tarantel gestochen aus dem Tor und hat ihn brutal umgerannt. Da wäre beinahe ein Krieg ausgebrochen. Aber generell haben wir Spieler uns immer besser verstanden als die Fans.
[su_quote]Helmut hat seine Gegenspieler nach Lust und Laune vorgeführt.[/su_quote]
War man damals als Spieler Profi oder ist man nebenbei einer Arbeit nachgegangen?
Wir wurden als Vertragsspieler geführt, aber alle sind noch nebenbei in die Arbeit gegangen. Aber wir lebten nicht schlecht, es gab damals für alle 320 Mark plus Siegprämien, das war nicht übel. Aber ich bin mir sicher, dass der Helmut mehr bekommen hat. Er war als Zehnjähriger zwar immer zwei Köpfe kleiner als alle anderen, aber er hat trotz seiner körperlichen Defizite seine Gegenspieler nach Lust und Laune vorgeführt. Er war also schon in jungen Jahren ein Star in der Stadt.
Sie hatten das Privileg, mit den zwei größten Fußballsöhnen der Stadt in einem Team zu spielen: Uli Biesinger und Helmut Haller.
Privileg trifft es ganz gut, sie waren beide begnadete Spieler. Der Helmut war der Lustige, der Lebensfrohe, der Temperamentvolle. Der Uli war eher der Zurückgezogene, aber intern hat auch er seine trockenen Witze abgezogen. Uli war der erste Augsburger Star, er war 1954 bei der WM in der Schweiz dabei. Auch wenn er nicht gespielt hat, war er im Kreis der ganz Großen dabei.
1967 kam es zur Fusion zwischen dem BCA und den Schwaben. Wie haben Sie das erlebt und wie standen Sie dazu?
Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube, ich war schon dafür, denn es war zu diesem Zeitpunkt der beste Entschluss. Aber es dauerte, bis sich die Fanlager daran gewöhnt hatten. Für die Spieler war das weniger ein Problem.
Hat es Sie als prominenter Augsburger nie gereizt, eine Funktion beim FCA zu übernehmen?
Ich hatte zwar immer engen Kontakt zu den Funktionären, aber mich hat tatsächlich nie jemand gefragt. Wahrscheinlich ahnten sie, dass ich nicht für so einen Posten geboren bin. Das stand für mich also nie zur Debatte und ich hätte es auch nicht gemacht.
Wie sehr verfolgen Sie heute noch den FCA?
Mit großem Interesse. Mein Sohn und meine Enkelkinder sind große FCA-Fans und Dauerkartenbesitzer. Ich persönlich gehe nicht mehr ins Stadion, aber spätestens jeden Samstag um 17.00 Uhr verfolge ich im Radio die Konferenz bei „Heute im Stadion“. Das ist immer noch eine Sendung der Spitzenklasse mit großer Unterhaltung und einer tollen Atmosphäre.
Stichwort „La Décima“ – zehn Jahre FCA in der Bundesliga…
Es ist unglaublich. Hättet ihr mir das vor 20 Jahren gesagt, ich hätte euch ausgelacht. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, niemals! Es ist ein reines Wunder!