Was macht eigentlich Alexander Esswein?
"Die Spiele in Bilbao, Belgrad und Liverpool waren absolute Highlights!"
Alexander Esswein ist viel herumgekommen, spielte unter anderem für den 1. FC Kaiserslautern, den VfL Wolfsburg, Dynamo Dresden, Hertha BSC und den VfB Stuttgart. Aktuell schnürt er seine Schuhe für den SV Sandhausen in der 2. Bundesliga. Von 2014 bis 2016 stand Esswein beim FCA unter Vertrag, wo er in der Traumsaison 2015/2016 in der Europa League sechs Spiele absolvierte. Auf diese Zeit blickt der 32-Jährige im Stadionkurier zum Bremen-Spiel zurück.
Hallo Alex, wo habe ich dich denn gerade erreicht?
Im Auto. Ich bin gerade auf dem Weg in die Mannheimer City, um ein paar Dinge zu erledigen.
Sandhausen liegt direkt neben Mannheim, wohnst du dort?
Ja, am Stadtrand, aber ich brauche keine zehn Minuten zum Trainingsgelände.
Du hast seit einigen Wochen mit Raphael Framberger einen ehemaligen Teamkollegen vom FCA an deiner Seite.
Das ist in diesem Job wirklich verrückt, aber auch schön. Egal wohin man wechselt, man kennt immer jemanden, entweder aus den U-Nationalmannschaften oder eben von früheren Klubs.
Ihr habt in Sandhausen einige turbulente Tage hinter euch. Trainer Alois Schwartz wurde von Tomas Oral abgelöst. Du bist ja schon lange in diesem Geschäft, wie erlebt man Trainerwechsel während einer Saison?
Das ist natürlich immer eine unschöne Sache, denn hinter jedem Trainer steckt auch ein Mensch und es ist nie einfach, wenn man von heute auf morgen durch jemand anders ersetzt wird. Aber so ist das nun mal leider in diesem Geschäft, wenn es nicht läuft, dann ist meist der Trainer der Leidtragende.
Der SVS ist so etwas wie das gallische Dorf in der 2. Bundesliga. Der Klub ist jetzt seit elf Jahren dabei, eine kleine Sensation, wie ich finde.
Damit hätte wohl kaum jemand gerechnet, dass sich der Klub so lange hält, und es ist ein Geschenk, Jahr für Jahr wieder in der 2. Bundesliga spielen zu dürfen. Aber es ist auch immer wieder ein enormer Aufwand, den Klassenerhalt zu sichern. Und so sieht es auch diese Saison wieder aus, wir werden wohl bis zum letzten Spieltag fighten müssen, um nicht abzusteigen.
Wie schlimm würde euch ein Abstieg treffen? Der Verein macht ja einen seriösen und soliden Eindruck.
Der SVS ist definitiv ein seriöser Klub, aber natürlich geht es auch hier um Arbeitsplätze und Existenzen. Es wäre für alle ein herber Schlag, wenn wir den Gang in die Drittklassigkeit antreten müssten.
"Ich bin dankbar, diesen Traumjob auszuüben"
Du bist das, was man einen gestandenen Profi nennt. 196 Spiele in der Bundesliga, 72 in der 2. Liga, du hast unter anderem für Wolfsburg, Stuttgart, Dynamo Dresden, Hertha BSC, Nürnberg und den FCA gespielt. Bist du zufrieden mit deiner persönlichen Bilanz?
Natürlich geht es immer irgendwie besser, aber ich bin auch dankbar, dass ich so lange die Möglichkeit hatte, diesen Traumjob auszuüben.
Du bist 2009 als 19-Jähriger mit dem VfL Wolfsburg sogar Deutscher Meister geworden.
Ich habe zwar nur ein paar Spiele in dieser Saison gemacht, aber es war natürlich ein überwältigendes Erlebnis, in so jungen Jahren schon die Meister-Trophäe in den Händen zu halten.
Geht man da als junger Spieler nicht gleich durch die Decke?
(lacht) Mein Trainer war damals Felix Magath, da traut man sich gar nicht abzuheben, der hat schon dafür gesorgt, dass ich schön auf dem Boden geblieben bin. Er war damals genau der richtige Coach für mich.
Ich schätze mal, du hast ebenfalls Bekanntschaft mit seinen sagenumwobenen Medizinbällen gemacht.
Natürlich, Magath hat viel von seinen Spielern gefordert, aber er war immer fair und ich kann nur das Beste über ihn berichten.
Caiuby war damals dein Teamkollege.
Und Daniel Baier, da haben wir es wieder (lacht).
Bei dir ging es ziemlich steil los. Du hast es von der U17 bis zur U21 auf 42 Länderspiele gebracht. Das ist eine beachtliche Zahl. Gerade als Jugendlicher ist das sicher cool, wenn man so viel herumkommt.
Das war wirklich eine super Erfahrung, mit der U17 habe ich 2007 an der WM in Südkorea teilgenommen, meine Teamkollegen waren damals Kevin Trapp, Toni Kroos oder Sebastian Rudy. Und ich bin in ganz Europa herumgekommen, das war eine tolle Zeit, die ich auf keinen Fall missen will.
Du hast von 2014 bis 2016 in Augsburg gespielt. Highlight war sicher die Europa-League-Saison, wo du es auf sechs Einsätze gebracht hast.
Die Zeit in Augsburg war überragend, wir hatten eine tolle Mannschaft, wir haben viele Spiele gewonnen und natürlich waren gerade die Europa-League-Spiele in Bilbao, Belgrad und last but not least in Liverpool absolute Highlights, die sich nur sehr schwer toppen lassen.
Du hast von der Kleinstadt bis zur Metropole alles erlebt. Bei so vielen Stationen, wo hat es dir am besten gefallen?
Zu Augsburg habe ich heute noch sehr gute Verbindungen, weil ich dort auch Freunde außerhalb des Fußballs gefunden habe, wir besuchen uns heute noch regelmäßig. Die Stadt war perfekt für mich, sie ist nicht zu groß, nicht zu klein, sie hat eine tolle Altstadt und schöne Restaurants. Aber die schönste Stadt war für mich schon Berlin, da ist einfach unheimlich viel geboten, meine beiden Töchter sind dort auf die Welt gekommen, so etwas verbindet natürlich.
Du bist jetzt 32 Jahre alt, wie ist dein Plan für die nächsten Jahre?
So lange mir es noch Spaß macht und mein Körper mitmacht, werde ich spielen. Ich fühle mich derzeit sehr gut und bin topfit, ich will gerne noch ein paar Jahre anhängen.
Die Bundesliga ist dieses Jahr extrem spannend, sowohl oben wie unten. Wer wird Meister, wo landet der FCA am Saisonende?
Ich würde es Borussia Dortmund gönnen, der FC Bayern ist schon so oft Deutscher Meister geworden, Abwechslung tut dem Fußball gut. Der FCA landet auf dem elften Tabellenplatz. Auch wenn das Spiel gegen Hertha jetzt nicht so prickelnd war, die Mannschaft hat definitiv Qualität und ich bin mir sicher, dass da noch eine kleine Serie folgen wird. (ws)