Union Berlin im Check: Reißleine gezogen
Von der Champions League in den Abstiegskampf
Nach der Länderspielpause muss der FC Augsburg auswärts beim 1. FC Union Berlin ran. Die Köpenicker warten wettbewerbsübergreifend seit 14 Partien auf einen Sieg und gehen nun erstmals seit fünf Jahren mit einem neuen Trainer in ein Pflichtspiel. Union im Check vor dem Duell am Samstag (15.30 Uhr).
Die vergangenen drei Spielzeiten dürften allen Union-Anhängern wie ein wahrgewordenes Märchen vorkommen. In der ersten Bundesliga-Saison nach dem Aufstieg ins deutsche Oberhaus qualifizierten sich die Köpenicker völlig überraschend für das internationale Geschäft und konnten diese positive Entwicklung auch in den zwei folgenden Jahren beibehalten. In dieser Saison winkte – nach einem weiteren Jahr im Europacup – sogar erstmals die Champions League mit Stationen in Madrid, Braga und Neapel. Aber jedes noch so schöne Abenteuer findet irgendwann ein Ende. Mit Blick auf die Ergebnisse in der aktuellen Saison scheinen sich die Berliner genau auf diesem Weg zu befinden.
Für die Königsklasse griffen die Kaderplaner der Ostberliner vor der Saison in der Bekanntheitsskala mehrere Fächer nach oben. Um im Konzert der Großen bestehen zu können, mussten schließlich Namen her. Als Abwehrchef sicherte sich Union die Dienste des italienischen Europameisters Leonardo Bonucci (Juventus Turin). Nationalspieler Robin Gosens, der in der vergangenen Saison noch mit Inter Mailand im Champions-League-Finale stand und Lucas Tousart (Hertha BSC) verstärkten den Defensivverbund. In der Offensive wechselte Kevin Volland (AS Monaco), Benedict Hollerbach (SV Wehen Wiesbaden) und das britische Sturmtalent Wesley Fofana (Leihe vom FC Chelsea) in die Bundeshauptstadt.
Vor namhaften Abgängen oder gar einem Ausverkauf konnten sich die Unioner im Sommer bewahren. Der in den letzten Jahren so stark aufspielende Kader blieb weitestgehend zusammen. Mit Jamie Leweling (VfB Stuttgart), Jordan Siebatcheu (Borussia Mönchengladbach) und Morten Thorsby (CFC Genua) machten lediglich drei Ersatzspieler per Leihe Platz im Union-Kader. Umso größer war nun die Enttäuschung ob der zuletzt gezeigten Leistungen.
14 sieglose Partien sind zu viel
Dabei starteten die Eisernen fast schon standesgemäß in die neue Spielzeit. In der Liga gab es zum Auftakt zwei Siege, im DFB-Pokal wartete bereits die zweite Runde. Dann setzte allerdings eine Niederlagen-Serie von zwölf Partien in Folge ein, insgesamt 14 Spiele sind die Berliner bis dato wettbewerbsübergreifend ohne Erfolgserlebnis. Trainer Urs Fischer galt von der Diskussion losgelöst, erhielt sowohl vom Verein als auch von den Fans und der Mannschaft Rückendeckung. Am vergangenen Spieltag aber rutschte Union nach einer 0:4-Niederlage auswärts in Leverkusen auf den letzten Tabellenplatz ab (sechs Punkte) – der Verein zog daraufhin die Reißleine und verkündete die Trennung vom langjährigen Erfolgscoach.
„Für mich persönlich und sicherlich für die gesamte Union-Familie ist das ein sehr trauriger Moment. Es tut weh, dass es uns nicht gelungen ist, den Negativlauf der letzten Wochen zu durchbrechen. Mit Blick auf die gemeinsame Zeit und die Erfolge, die wir zusammen gefeiert haben, bin ich dankbar und stolz“, wendete sich Ex-Trainer Fischer an die Union-Fans. Interimsweise wird U19-Trainer Marco Grote mit Co-Trainerin Marie-Louise Eta in Köpenick übernehmen – ein absolutes Novum im deutschen Profifußball. Zum ersten Mal steht eine Frau im Trainerstab eines Fußball-Bundesligisten.
Im Duell mit dem FC Augsburg hoffen die Berliner auf den viel zitierten „Trainereffekt“, die bisherige Bilanz (sechs Siege Augsburg, fünf Unentschieden, ein Sieg Union) spricht allerdings für den FCA. Ein heißer Tanz dürfte demnach bevorstehen.