Rexhbecaj: "Möchte auf jeder Position mein Bestes geben"
Der Stadionkurier zum Heimspiel gegen Bochum
Seit über zwei Jahren schnürt Elvis Rexhbecaj seine Schuhe für den FC Augsburg und machte stets als Antreiber im zentralen Mittelfeld auf sich aufmerksam. Im neuen System von Jess Thorup kommt er nun vermehrt als Offensivspieler zum Einsatz. Wie er mit dieser neuen Rolle zurechtkommt, warum er inzwischen für die kosovarische Nationalmannschaft aufläuft und wieso er sich selbst als Familienmensch bezeichnet, verriet der 27-Jährige vor dem Spiel gegen den VfL Bochum.
Elvis, wir stehen hier auf dem frisch eröffneten Christkindlesmarkt in Augsburg. Ist es für dich das erste Mal, dass du hier unterwegs bist?
Nein, ich war schon in den letzten Jahren mit meinem Bruder und der Familie ein paar Mal hier. Ich finde es ist ein sehr schöner Weihnachtsmarkt und auf jeden Fall einen Besuch wert.
Du hast in deiner bisherigen Karriere schon einige Städte gesehen. Warst du dort auch auf Christkindlesmärkten unterwegs?
Klar. Den in Wolfsburg kenne ich logischerweise in- und auswendig, weil ich dort seit der D-Jugend gewohnt habe. In Köln wäre ich auch gerne einmal über den Weihnachtsmarkt geschlendert, aber das ging damals nicht wegen Corona. Der Markt dort hätte direkt vor dem Dom stattgefunden, das wäre sicherlich eine tolle Atmosphäre gewesen, die ich sehr gerne erlebt hätte. Den Weihnachtsmarkt in Bochum habe ich sogar während der Pandemie mit einigen Kollegen einmal besucht. Damals mussten wir aber alle noch eine Maske tragen, es war also nur halb so schön wie es jetzt hier in Augsburg ist.
Apropos Bochum: Am Samstag kommt es jetzt zum Wiedersehen mit dem VfL. Freust du dich darauf?
Auf jeden Fall. In der Mannschaft hat sich zwar in den letzten Jahren einiges verändert, aber ein paar bekannte Gesichter gibt es immer noch. Anthony Losilla, Gerrit Holtmann und Manuel Riemann waren schon zu meiner Zeit aktiv und auch aus dem Staff kenne ich noch einige Mitarbeiter. Wir werden nach der Partie sicherlich Zeit finden, ein paar Sätze zu wechseln.
Deinen anderen Ex-Verein, den VfL Wolfsburg, hast du bereits erwähnt. Stimmt eigentlich die Geschichte, dass du damals nur in die Jugend der Wölfe gewechselt bist, weil deine Familie dich dorthin begleiten konnte?
Das allein war nicht der Grund. Zum damaligen Zeitpunkt lagen einige Angebote von verschiedenen Vereinen auf dem Tisch. Ich war elf Jahre alt und hatte natürlich den Kindheitstraum, Fußballer zu werden. Meine Eltern wollten mich so gut wie möglich unterstützen, aber natürlich konnten sie nicht alles davon abhängig machen. Es konnte schließlich niemand wissen, ob das mit dem Profifußball tatsächlich klappt. Es waren daher eher die Begleitumstände, warum wir uns am Ende alle dazu entschieden haben, nach Wolfsburg zu ziehen. Meine Eltern haben dort gute Arbeitsstellen gefunden und eine sehr gute Wohnung.
Dein Vater hat beim VfL damals eine Anstellung als Platzwart bekommen. Arbeitet er immer noch dort?
Natürlich! Ihm ist langweilig, wenn er nicht arbeiten kann. Wenn er einmal frei hat, schaut er trotzdem auf dem Platz vorbei und überprüft, ob alles in Ordnung ist. Er hätte damals auch eine Stelle bei VW antreten können, aber er wollte unbedingt eine Tätigkeit an der frischen Luft. Als Bonus konnte er damals auch meine Trainingseinheiten mitverfolgen. Im Nachhinein kann man sagen, dass er alles richtig gemacht hat.
Als Überraschungsgast hast du deinen Bruder Blendard mit zum Interview gebracht. Hand aufs Herz: Wie oft wurdet ihr fälschlicherweise schon für Zwillinge gehalten?
Wir sehen uns ziemlich ähnlich, das stimmt (lacht). Gestern hatten wir sogar die Situation, dass wir gemeinsam unterwegs waren und ein kleiner Junge mit mir ein Foto machen wollte, aber zuerst zu meinem Bruder gegangen ist. Auch auf dem Plärrer mussten viele zweimal hinschauen, wer jetzt wer ist. Aber ich denke, bei näherem Hinsehen kann man uns schon gut unterscheiden.
Wie kommt's, dass dein Bruder aktuell hier in Augsburg ist?
Blendi war bisher in meiner Karriere immer mit dabei. Zu meiner Zeit in Köln und Bochum haben wir sogar zusammen gewohnt. Hier in Augsburg lebe ich jetzt allerdings das erste Mal allein. Er und meine Familie versuchen mich aber so häufig wie möglich zu besuchen. Dass er jetzt hier ist, hängt mit der Englischen Woche zusammen. Er wird natürlich am Samstag im Stadion sein und dann auch am Mittwoch nach Karlsruhe zum Pokalspiel fahren.
Man merkt, deine Familie ist dir wirklich wichtig. Verbringst du mit ihr auch die freien Tage über Weihnachten?
Ja, wir wiegen noch ab, ob wir über die Feiertage in Wolfsburg bleiben oder wieder mal in den Kosovo fliegen, wo wir uns vor drei Jahren ein Haus gebaut haben. Ganz entschieden haben wir uns noch nicht, aber die Tendenz geht eher in Richtung Kosovo.
Seit diesem Jahr läufst du dort auch für die Nationalmannschaft auf. Warum hast du dich erst jetzt für diesen Schritt entschieden?
Das ist eine komplizierte Geschichte. In der Jugend in Wolfsburg hatte ich nur den kosovarischen Pass. Damals sind wir irgendwann zu einem Turnier nach China geflogen und dort wurde mir die Einreise damit aus politischen Gründen verweigert. Danach haben wir uns als Familie zusammengesetzt und entschieden, dass ich mich allein schon aus sportlichen Gründen in Deutschland einbürgern lasse. Für mich war klar, wenn ich Profi werde, dann brauche ich einen deutschen Pass. Ich muss schließlich alle Auslandsreisen ohne Probleme mitmachen können. Dafür musste ich jedoch meinen kosovarischen Pass abgeben, weil es damals im Kosovo noch keine Regelung für eine doppelte Staatsbürgerschaft gab. Ich war allerdings von da an immer mit dem kosovarischen Verband im Kontakt und habe signalisiert, dass ich sofort für die Nationalmannschaft spielen würde, sollte es eine neue Regelung geben. Im Juni wurde jetzt die doppelte Staatsbürgerschaft im Kosovo eingeführt, wodurch ich auch dort einen Pass beantragen und jetzt meine ersten Spiele machen konnte. Das war eine unglaubliche Erfahrung. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Tickets ich besorgen musste. So viele von meinen Freunden und meiner Familie waren vor Ort.
Für den Kosovo spielst du weiterhin im zentralen Mittelfeld, hier in Augsburg hast du seit dieser Saison jedoch eine offensivere Rolle. Wie kommst du damit zurecht?
Ich habe generell die Einstellung, auf jeder Position mein Bestes zu geben. Es ist ja nicht so, dass ich auf der Zehnerposition klebe. Wir wollen unser Spiel flexibel halten und haben deswegen viel Bewegung auf dem Rasen. Da weiche ich ab und an auch mal in die Defensive oder auf die Flügel aus.
Von den Fans wirst du vor allem als Kämpfer und Antreiber wahrgenommen, der gerne auch mal die Zuschauer im Stadion animiert. Brauchst du eine gewisse Emotionalität im Spiel?
Ich denke schon. Ich mache das auch nicht geplant, sondern intuitiv, wenn ich das Gefühl habe, dass wir in diesem Moment mit der Unterstützung von außen nochmal die letzten Prozentpunkte mehr auf den Rasen bringen können. Ich denke, unsere gute Heimstatistik gibt mir dahingehend recht.
Du wohnst inzwischen über zwei Jahre hier in Augsburg und hast sicherlich schon einiges gesehen. Gibt es irgendeinen Ort, an dem du besonders gerne unterwegs bist?
Ich unternehme tatsächlich viel mit Costa und Salva aus dem Staff. Die EM zum Beispiel habe ich mit ihnen fast ausschließlich im Altstadt Café verbracht. Ansonsten bin ich mal hier und mal da. Ich gehe sowohl in der Innenstadt, aber auch im Grünen recht gern spazieren.
Kommen wir zum Abschluss nochmal auf das Spiel gegen den VfL Bochum zurück. Wie geht’s aus am Samstag?
Spiele gegen Bochum waren in den letzten Jahren immer Kampfspiele und ich denke, das wird dieses Mal nicht anders werden. Die letzten Partien gegen den VfL verliefen nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir müssen es jetzt besser machen. Wir spielen zuhause und es wird endlich wieder Zeit, einen Dreier einzufahren.
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