FC Augsburg Logo FC Augsburg
f13e246ae7b1b434567994dfc88f6fb4.jpg

Andreas Rettig: Mit Augsburg in die Bundesliga

Fans 11.09.2017, 10:00
Andreas Rettig war von 2006 bis 2012 Manager beim FC Augsburg, anschließend wechselte er als Vorstand zur DFL. Seit September 2015 ist er als kaufmännischer Geschäftsleiter beim Kult-Klub FC St. Pauli tätig. Walter Sianos funkte mal in den Kiez. Hallo Andi, wo habe ich denn Dich gerade erreicht? Es ist 8.45 Uhr morgens, für St. Paulianer ist das ja eher eine unchristliche Zeit. Ich bin natürlich im Büro. Aber da sieht man mal wieder, dass du nur in Schubladen denkst. Auch am Kiez gibt es fleißige Menschen. (lacht) Ok, ok! Du bist ja schon lange im Geschäft. Nach deinem Gastspiel bei der DFL bist du tatsächlich beim FC St. Pauli gelandet. Wenn dir das vor zehn Jahren jemand prophezeit hätte, was hättest du entgegnet? Warum muss ich noch so lange warten? Tatsächlich? Da ich von meinem Lieblingsklub nie ein Angebot bekommen habe, kam mir St. Pauli gerade recht. St. Pauli war aus der Ferne für mich immer ein besonderer Verein, den ich immer toll fand, wie Freiburg, nur auf eine andere Art. Ich kann mich mit solchen Mannschaften und deren Ideologien identifizieren. Du bist jemand, der nicht mit öffentlicher Kritik am DFB geizt und legst deinen Finger gerne mal in deren Wunden. Aber du warst ja nicht immer so. Wenn ich dich mit einer Partei vergleichen müsste, würde ich sagen früher warst du FDP und heute Die Linke ... Oder ich drück´s mal etwas provokanter aus: Die Wandlung vom Technokraten zum Revoluzzer? (lacht laut) Mit Deiner Farbenlehre bin ich nicht einverstanden. Ich war immer SPD-nah und hatte immer ein Faible für diese Arbeiterpartei, unbeachtet der Stationen, auf denen ich war. Peter Bircks möge mir verzeihen, aber die FDP ist nicht mein Ding. Aber mal ganz im Ernst. Irgendwie läuft derzeit einiges unrund in der Welt des Profifußballs. Ultras erklären dem DFB den Krieg, nicht mehr nachvollziehbare Ablösesummen und dann auch noch Helene Fischer beim DFB-Pokalfinale. Stehen wir kurz vor dem Overkill oder wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird? Ich glaube das ist der Prozess einer langen Entwicklung, die viele Fußballfans mittlerweile stört. Ob Helene Fischer singt oder nicht, ist nicht so entscheidend, aber die Fans haben da ein sichtbares Zeichen des Unmuts geäußert. Was mich viel mehr stört, sind die Dinge, die drum herum passieren. Stichwort Irrsinntransfers, das ist ein deutliches Signal, dass man mit Geld alles kaufen und regeln kann. Die leider in Mode gekommenen Vertragsbrüche sind meiner Meinung nach ein Angriff auf Werte und Moral und ein größeres Problem, als wenn mal die Fischer singt. Denn finanzielle, vertragliche oder moralische Grenzen scheint es für einige Akteure nicht mehr zu geben. Aber wenn Halbzeitshows wie beim Spiel FC Bayern gegen SC Freiburg ausarten und dazu führen, dass ein unmittelbarer Einfluss auf das Spiel genommen wird, ist das ein „nogo“. Es kann nicht sein, dass Teams am Spielfeldrand warten müssen, bis die Show zu Ende ist. Wenn man als Funktionär Kritik äußert und auch mal Klartext redet, macht man sich natürlich nicht nur Freunde. Das stimmt. Ich habe mich während meiner Zeit als Vorstand bei der DFL auch schon unbeliebt gemacht, nicht erst durch den Wechsel zu St. Pauli. Das stimmt. Meiner Meinung nach gibt es zu viele Entscheidungsträger, die nicht den Mut haben, sich öffentlich zu positionieren, weil wir ein System von Abhängigkeiten haben. Allerdings liegt das Problem nicht nur bei den Klubs, wird doch von Seiten der Verbände auch darauf geachtet, kritische Stimmen nicht zu laut werden zu lassen. Zu Beginn seiner Karriere ist man nicht so klar und rebellisch, wie man es am Ende seiner beruflichen Laufbahn ist und man heult auch schon mal mit den Wölfen. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man auch mal Stellung beziehen muss und nicht immer nur daran denken darf, ob Aussagen, die aus tiefer Überzeugung getroffen wurden, den späteren Werdegang beeinflussen können. Du bist kaufmännischer Geschäftsleiter beim FC St. Pauli. Der zur Kultfigur aufgestiegene Ex-Trainer Ewald Lienen ist jetzt Technischer Direktor. Am 1. Oktober beginnt Uwe Stöver als neuer Sportchef. Hättest du nicht selber gerne in diesem Teich gefischt? Oder wird im Kiez alles im Kollektiv bestimmt? Ich habe, nachdem Thomas Meggle im November 2016 von Bord gegangen ist, den Posten als sportlicher Leiter zusätzlich übernommen. Die Situation war sehr bedrohlich, wir waren abgeschlagen Letzter mit sechs Punkten nach vierzehn Spielen. Das war eine sehr prekäre Situation. Ich habe das aus der Not heraus gemacht und letztendlich ist es uns souverän gelungen, den Kopf wieder aus der Schlinge zu ziehen. Aber ich habe für mich entschieden, dass ich das nicht mehr machen will. Ich habe das viele Jahre mit Freuden gemacht, ich habe vier Bundesligaufstiege feiern können, aber ich habe meinen Frieden gefunden und freue mich, dass Uwe Stöver diesen Posten antritt. Von 2006 bis 2012 hast du den Taktstock beim FCA geschwungen. Wie würdest du diese Zeit heute nachträglich bezeichnen? Eine wirklich großartige Zeit mit vielen Erfolgen. Und wir haben es gerade in Krisensituationen verstanden, kühlen Kopf zu bewahren. Es gab einen unglaublichen Zusammenhalt mit Walther Seinsch und Peter Bircks und es war schon einzigartig, mit welcher Ruhe und mit welchem Vertrauen da gearbeitet wurde. Beim FCA ist nichts auf Sand gebaut. Mit Michael Ströll ist dein ehemaliger Praktikant in die Geschäftsführung aufgestiegen. Die „jungen Wilden“ übernehmen quasi das Ruder. Michael Ströll und auch Felix Jäckle – der heute Verbandsfunktionär beim BFV ist – haben schon als Praktikanten schnell ihr Potential angedeutet und sich sehr, sehr positiv eingebracht. Das ist das Gute an Klubs wie Augsburg, man muss anpacken und sich einbringen und das haben die beiden wirklich großartig gemacht, deswegen überrascht mich das auch nicht und ich freue mich für beide. Ich weiß, die Frage habe ich schon mal gestellt. Aber ich kann einfach nicht anders. Kannst du noch einmal die Szene schildern, als im Januar 1985 Klaus-Dieter Nuyken vom Wuppertaler SV das Tor des Monats erzielt hat? Du warst ja nicht ganz unschuldig daran. Die Flanke war von dir. Stimmt, sogar mit dem Außenrist. Oha! Brasilianisch? Jaja.(lacht) Aber ich will viel lieber schildern, was daraus geworden ist, denn das ist eine nette Geschichte. Es war ja noch ein dritter Spieler daran beteiligt und zwar Andreas Haremski. Seit zwölf Jahren treffen wir uns jährlich zu einem Dritt- oder Viertligaspiel. Der Nuyken bringt auch immer die Medaille mit. Vorher zocken wir in der Bahnhofskneipe eine Runde Skat, danach geht´s in Stadion und dann lassen wir den Abend immer gemütlich ausklingen. Das Tor wird dabei selbstverständlich bis in kleinste Detail analysiert. Und eins kann ich sagen, es wird von Jahr zu Jahr noch schöner. Das Interview mit Andreas Rettig ist erstmals im Stadionkurier gegen den 1. FC Köln erschienen. Als Vereinsmitglied können Sie den Stadionkurier auch online lesen. Einfach mit dem Mitglieder-Login anmelden und den neuesten Stadionkurier herunterladen.  
STADIONKURIER AUSGABE 02 | SAISON 2017/2018
Stadionkurier FC Augsburg - Borussia M'gladbach Saison 2017/2018
  • Interview mit Marcel Heller: „Mein Ziel war es, weiterhin in der Bundesliga zu spielen!“ert!"
  • Was macht eigentlich ... ? Andreas Rettig
  • Unser Gegner im Portrait: Timo Horn
  • Glosse: Anti-Doping Kampf geht neue Wege: Tattoo-Pflicht bei Profi-Fußballern
  • u. v. m.
 

Unsere FCA-APP

Jetzt herunterladen!